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Privatissimo - Kunst aus schleswig-holsteinischem Adelsbesitz

http://www.kunsthalle-kiel.de/


21.06.2009 - 30.08.2008
Kunsthalle zu Kiel Düsternbrooker Weg 1 24105 Kiel Tel. 0431-880-5756
Durch die Hintertür
Der schleswig-holsteinische Adel gibt sich die Ehre: Stilsicher und reisefreudig, kampflustig und emanzipiert, begabt mit einem hohen Familiensinn, bürgernah und religiös, dabei kunsthistorisch, archäologisch und geologisch hochversiert: „Privatissimo. Kunst aus schleswig-holsteinischem Adelsbesitz“ lautet der Titel der Sommerausstellung in der Kieler Kunsthalle, der ungewöhnliche Einblicke in die Welt des Adels verspricht und über 160 Exponate zeigt. Gleichsam durch die Hintertüre ist es dem Kunsthallendirektor Dr. Dirk Luckow und den Kuratoren der Ausstellung, Frau Dr. Telse Wolf-Timm und Dr. Peter Thurmann, gelungen, Glanzstücke aus schleswig-holsteinischen Adelshäusern an die Förde zu holen. Die facettenreiche und qualitätvolle Ausstellung ist auch ein Dank an die Adelsfamilien, die als Sammler und Kunstmäzene der Kieler Kunsthalle manch kostbares Objekt überlassen und zahlreiche Ankäufe ermöglicht haben.

Alles Kostbare an die Förde
Alles Kostbare, was sich in den Schlössern, Gütern, Klöstern oder im Privatbesitz des schleswig-holsteinischen Adels im Laufe der Jahrhunderte an Kunstschätzen angesammelt hat, scheint sich zum 100-jährigen Jubiläum der Kunsthalle zu Kiel einzufinden: Gemälde von Jürgen Ovens, Salomon Ruysdael, Cornelis de Heem, Jacob Philipp Hackert, Carl Gustav Pilo, Jens Juel, Friedrich Carl Gröger, Angelika Kauffmann und Louise Seidler, aber auch Klassiker der Moderne wie Max Liebermann und Heinrich Vogeler wurden aus rund 40 Einzelbeständen zusammengetragen, auch ein Aquarell von Emil Nolde ist dabei. Der Kunsthalle ist es gelungen, die bedeutendsten Güter, Sammlungen und Museen in Schleswig-Holstein und Hamburg in ihrem kuratorischen Konzept zu verbinden. Neben zahlreichen Besitztümern aus öffentlichen Sammlungen werden mit dieser Ausstellung auch bisher unbekannte Werke der Öffentlichkeit und der Forschung zugänglich gemacht. Dem nordischen Understatement folgend übergeben uns einige Besitzer nur unter der Bedingung ihre Sammlungsobjekte, dass sie ungenannt bleiben. Die folgenden dürfen genannt werden: Gut Rosenkrantz, Schloss Glücksburg, das Schlossmuseum Jever, das Landesmuseum Oldenburg, Schloss Eutin, Schloss Ahrensburg, Gut Deutsch-Nienhof, Kloster Preetz, Schloss Plön, Schloss Gottorf, das Johanniskloster in Schleswig, das Adlige Damenstift Itzehoe, Kloster Uetersen und Museumsberg Flensburg.

Vom Sammeln, Lieben und Leiden
Die Ausstellung in der Kieler Kunsthalle, die am Sonntag, dem 21. Juni eröffnet wird, ist nicht nur ein Stück Landesgeschichte. Sie erzählt Geschichten aus dem Leben des schleswig-holsteinischen Adels, der sich über die Jahrhunderte hinweg mit den europäischen Häusern nicht nur durch Hochzeiten, Kriege und Friedensbeschlüsse, sondern auch über ihren kulturellen Austausch verband. Hinter manch einem Objekt werden erst auf den zweiten Blick unglückliche Liebschaften, Obsessionen und Verstrickungen sichtbar. So begegnet der Besucher der jungen Caroline Mathilde, Prinzessin von Großbritannien, in einer für Frauen ungewöhnlichen Militäruniform. Ihre Geschichte nimmt keinen guten Verlauf: Fern der Heimat in Celle stirbt sie, von ihren Kindern getrennt und von ihrem Mann verraten, an Scharlach, einer Kinderkrankheit, die sie sich am Krankenbett ihres geliebten Ziehkindes zuzieht. Man sieht sich Christian VIII., gegenüber, der 1814 als König von Norwegen abdankte und 29 Jahre später als König von Dänemark das Parlament in Island wiederbelebte, dort den freien Handel gestattete und noch kurz vor seinem Tod 1848 die Abschaffung der absoluten Monarchie veranlasste. Es zeigt sich: Wie überall wurde in Schleswig-Holstein geliebt und gelitten, geflohen und gereist; und manchmal brauchten die Dinge hier einfach etwas mehr Zeit. Kostbare Truhen, Spieltische, Reisebestecke und Landschaften geben einen Einblick in die gesellschaftlichen spielerischen Leidenschaften und die galante Kommunikation des Adels, seiner Lust an anderen Kulturen und fremdartigen, wertvollen, oft auch skurrilen Kunstgegenständen. Die, zurück im heimischen Schleswig-Holstein, einen Ehrenplatz in der Kunst- und Kuriositäten-Sammlung bekamen, um die Jagd- und Sammellust der kunstsinnigen Besitzer zu belegen.

Sympathisches Understatement des Nordens
Der Blick in die Adelshäuser wird durch ein Katalogprojekt von Christian Boros begleitet, das nicht nur die Glanzstücke aus den adligen Sammlungen abbildet, sondern die Alltagsgegenstände in ihrem individuellen Lebensumfeld zeigt und damit ein Stück postmoderner Rezeptionsgeschichte der Adelshäuser dokumentiert. Über die Jahrhunderte hinweg bis heute ist der Adel in Schleswig-Holstein ein nicht wegzudenkender Kulturfaktor. Seine Weltoffenheit und Toleranz gegenüber Fremden verbindet sich in dem Land zwischen den Meeren mit einer ganz besonderen Kunstexpertise. Die Liebe zur Qualität, zur Feinheit der Stoffe und Materialien, dem besonderen Licht, wird in der oft beiläufigen Inszenierung sichtbar und ist Ausdruck des unmittelbaren Umgangs mit der Kunst als Teil einer gelebten Kultur. Deutlich wird auch die Nähe zum niederländischen Goldenen Zeitalter, denn mit den Nachbarn im Westen gab es immer wieder einen regen Austausch, insbesondere wenn es um den Erwerb der geschätzten Feinmalerei ging. Die Ausstellung gewährt auch Einblicke in eine geradezu bürgerliche Schlichtheit, die sich mit der adligen Stilsicherheit ebenso verbindet wie die Heimatliebe mit der Leidenschaft an der Fremde.

Die Kunsthalle zu Kiel und der Adel
Die Kunsthalle zu Kiel erinnert sich anlässlich ihres hundertsten Geburtstags ihrer historischen Wurzeln: Der schleswig-holsteinische Adel hat – neben Professoren der Christian-Albrechts-Universität, Kaufleuten und Künstlern – die Geschicke des Schleswig-Holsteinischen Kunstvereins und der Kunsthalle zu Kiel von den Anfängen bis weit ins 20. Jahrhundert mitbestimmt. Er stellte mit der Gründung der ersten Kunsthalle im Jahr 1843 jedes fünfte Vereinsmitglied. Neben dem Stellenwert des Kunstvereins in den deutsch-patriotischen Bestrebungen um und nach 1848 spielte die Schaffung eines kulturellen Zentrums in den Herzogtümern auch für den Adel eine entscheidende Rolle.

Die Ausstellung „Privatissimo. Kunst aus Schleswig-Holsteinischem Adelsbesitz“ steht unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein Peter Harry Carstensen. Sie wird gefördert von der Sparkassenstiftung Schleswig-Holstein und der Kulturstiftung des Landes Schleswig-Holstein. Die Kunsthalle zu Kiel wird von der HSH Nordbank als Partner unterstützt.

Eingetragen von: admin
am: Donnerstag, 06.08.2009