Osnabrück: David Rauer & Joshua Sassmannshausen: Forma Forma
http://kunsthalle.osnabrueck.de/
17.07.2016 - 30.10.2016
Kunsthalle Osnabrück Hasemauer 1 49074 Osnabrück
„Forma Forma“, ist der Titel einer begehbaren Installation von enormen Ausmaßen: Die beiden Künstler David Rauer und Joshua Sassmannshausen haben für die Kunsthalle Osnabrück ein Raumlabyrinth mit einer Lauflänge von 130 Meter entwickelt, das dem Besucher ein hohes Maß an Orientierungsvermögen abverlangt – vorausgesetzt, er will das begehbare Kunstwerk für sich allein oder auch gemeinsam mit anderen abschreiten und bei der Eröffnung am Sonntag, den 17. Juli (ab 11 Uhr) begehen.
„Begehbarkeit, das sagt sich so leicht, ist aber gar nicht so selbstverständlich.“, erklärt die Direktorin der Kunsthalle Osnabrück, Dr. Julia Draganovic. „Denn an das Gehen ist man als Ausstellungsbesucher schließlich gewöhnt. Das Abschreiten eines Kirchenraum als Nachvollzug des Leidenswegs Christi verbindet sich mit Kontemplation und Reflexion.“, so die Kunsthallendirektorin. „Die Kreuzgänge der mittelalterlichen Klöster können daher auch als Vorläufer musealer Präsentationsräume begriffen werden. Die Empathie mit der Christusfigur und der Nachvollzug der christlichen Botschaft in Verbindung mit dem wahrnehmenden Auge waren dabei stets die wichtigsten Sinnesorgane.“
Alles änderte sich im 20. Jahrhundert mit den ersten Installationen, dem Minimalismus und der Konzeptkunst, führt Julia Draganovic weiter aus: Künstler unternahmen Eingriffe, um dem Betrachter den eigenen Körper bewusst zu machen. Plötzlich musste man, um ein Kunstwerk rezipieren zu können, sitzen, liegen, gehen, klettern oder gar kriechen oder war womöglich ganz vom Kunstwerk umgeben, wie nun auch in der Osnabrücker Kunsthalle. Plötzlich durfte man gar die Kunstwerke berühren, riechen oder geradezu in sie eintauchen und war ganz und gar von ihnen umgeben. Der Merzbau von Kurt Schwitters (1923), Bruce Naumanns Live/Taped Video Corridor (1970), Gregor Schneiders Totes Haus u r (ab 1985) und Tino Segals Performance This Progress (2010) sind wichtige Referenzpunkte dieses veränderten Verhältnisses von Performance und Installation, Bewegung des Betrachters im Raum, Gehen als künstlerische Aktion und Empathie.
Bereits im Juni 2014 waren David Rauer und Joshua Sassmannhausen im Rahmen der Aktion 24/7 zu Gast in der Kunsthalle Osnabrück und haben für 24 Stunden einen begehbaren "Catwalk" mit zahlreichen technischen Schaltungen geschaffen. „Mit Forma Forma liefern die Künstler nun eine großartige Architektur in der Architektur, die es in Osnabrück in dieser Form noch nicht gab.“, so die Direktorin.
Die raumfüllende Installation Forma Forma von David Rauer und Joshua Sassmannshausen in Osnabrück schafft dabei auch vorsichtige Anklänge an die Geschichte des ehemaligen Dominikanerklosters: Nach 1945 war das säkularisierte Kloster Zufluchtsstätte für Flüchtlinge, die ihre Heimat aufgegeben hatten. Auf drei Ebenen (!) mit zwei eingezogenen Zwischendecken hatte man derzeit Zufluchtsorte im Kirchenschiff geschaffen.
Auch dieses Projekt ist ein Beitrag zur Schule der Empathie, dem Motto des diesjährigen Ausstellungsstellungprogramms der Osnabrücker Kunsthalle, das Grunderfahrungen wie Neugier, Freunde, Furcht vor dem Betreten fremder Räume, Enttäuschungen und Unverständnis über das Ausgeschlossen-Sein, sowie Erfahrungen des Entdeckens, Eroberns oder Zurückkehrens zu Grenzerfahrungen werden lässt.
Die durchaus kafkaesk anmutende Rauminstallation lädt den Besucher zu einer Wanderung ein, dessen Verzweigungen, Steigungen und Abstiege für einige eine Herausforderung bedeuten werden. Selbst derjenige, der die Kunsthalle kennt und versucht, sich im Raum zu orientieren, ist nicht außer Gefahr, zu scheitern. Gerade die Ein- und Ausblicke auf die bekannte Architektur, die ihrerseits oft sogar konkrete „Bilder“ erzeugen, helfen nicht weiter; vielmehr verhindern sie ihrerseits die Orientierung. „Die permanent variierenden Innensichten in Kombination mit überraschenden Ausblicken auf scheinbar Bekanntes, verbunden mit dem Versuch, den zurückgelegten Weg für sich zu rekonstruieren, sind Teil einer Phänomenologie des Gehens, das den Kern der Ausstellung berührt.“, erklärt Julia Draganovic. „Es geht wie im wirklichen Leben, mal muss an sich bergauf abmühen, mal den Kopf einziehen, mal eine helfende Hand ausstrecken oder sich helfen lassen, mal gerät man in eine Sackgasse und wenn man ein Stück Weges hinter sich hat, sieht alles im Rückblick ganz anders aus.“.
Dem Besucher der Eröffnung wird angemessenes Schuhwerk empfohlen. Die Installation ist nicht barrierefrei zugänglich. Dennoch gibt es auch viel zu erkunden, wenn man, aus welchen Gründen auch immer, nicht in der Lage ist, die Installation zu betreten. Da die Installation nur von einer begrenzten Anzahl von Personen gleichzeitig betreten werden kann, bittet die Kunsthalle die Besucher, etwas mehr Zeit als gewöhnlich mitzubringen.
Die Ausstellung wird gefördert vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur und dem Landschaftsverband Osnabrücker Land. In Zusammenarbeit mit den Freunden der Kunsthalle Osnabrück e.V. Die Kunsthalle Osnabrück ist Kooperationspartner der artCard.
nächste Termine
So. 17.07.2016 - So. 30.10.2016
„Begehbarkeit, das sagt sich so leicht, ist aber gar nicht so selbstverständlich.“, erklärt die Direktorin der Kunsthalle Osnabrück, Dr. Julia Draganovic. „Denn an das Gehen ist man als Ausstellungsbesucher schließlich gewöhnt. Das Abschreiten eines Kirchenraum als Nachvollzug des Leidenswegs Christi verbindet sich mit Kontemplation und Reflexion.“, so die Kunsthallendirektorin. „Die Kreuzgänge der mittelalterlichen Klöster können daher auch als Vorläufer musealer Präsentationsräume begriffen werden. Die Empathie mit der Christusfigur und der Nachvollzug der christlichen Botschaft in Verbindung mit dem wahrnehmenden Auge waren dabei stets die wichtigsten Sinnesorgane.“
Alles änderte sich im 20. Jahrhundert mit den ersten Installationen, dem Minimalismus und der Konzeptkunst, führt Julia Draganovic weiter aus: Künstler unternahmen Eingriffe, um dem Betrachter den eigenen Körper bewusst zu machen. Plötzlich musste man, um ein Kunstwerk rezipieren zu können, sitzen, liegen, gehen, klettern oder gar kriechen oder war womöglich ganz vom Kunstwerk umgeben, wie nun auch in der Osnabrücker Kunsthalle. Plötzlich durfte man gar die Kunstwerke berühren, riechen oder geradezu in sie eintauchen und war ganz und gar von ihnen umgeben. Der Merzbau von Kurt Schwitters (1923), Bruce Naumanns Live/Taped Video Corridor (1970), Gregor Schneiders Totes Haus u r (ab 1985) und Tino Segals Performance This Progress (2010) sind wichtige Referenzpunkte dieses veränderten Verhältnisses von Performance und Installation, Bewegung des Betrachters im Raum, Gehen als künstlerische Aktion und Empathie.
Bereits im Juni 2014 waren David Rauer und Joshua Sassmannhausen im Rahmen der Aktion 24/7 zu Gast in der Kunsthalle Osnabrück und haben für 24 Stunden einen begehbaren "Catwalk" mit zahlreichen technischen Schaltungen geschaffen. „Mit Forma Forma liefern die Künstler nun eine großartige Architektur in der Architektur, die es in Osnabrück in dieser Form noch nicht gab.“, so die Direktorin.
Die raumfüllende Installation Forma Forma von David Rauer und Joshua Sassmannshausen in Osnabrück schafft dabei auch vorsichtige Anklänge an die Geschichte des ehemaligen Dominikanerklosters: Nach 1945 war das säkularisierte Kloster Zufluchtsstätte für Flüchtlinge, die ihre Heimat aufgegeben hatten. Auf drei Ebenen (!) mit zwei eingezogenen Zwischendecken hatte man derzeit Zufluchtsorte im Kirchenschiff geschaffen.
Auch dieses Projekt ist ein Beitrag zur Schule der Empathie, dem Motto des diesjährigen Ausstellungsstellungprogramms der Osnabrücker Kunsthalle, das Grunderfahrungen wie Neugier, Freunde, Furcht vor dem Betreten fremder Räume, Enttäuschungen und Unverständnis über das Ausgeschlossen-Sein, sowie Erfahrungen des Entdeckens, Eroberns oder Zurückkehrens zu Grenzerfahrungen werden lässt.
Die durchaus kafkaesk anmutende Rauminstallation lädt den Besucher zu einer Wanderung ein, dessen Verzweigungen, Steigungen und Abstiege für einige eine Herausforderung bedeuten werden. Selbst derjenige, der die Kunsthalle kennt und versucht, sich im Raum zu orientieren, ist nicht außer Gefahr, zu scheitern. Gerade die Ein- und Ausblicke auf die bekannte Architektur, die ihrerseits oft sogar konkrete „Bilder“ erzeugen, helfen nicht weiter; vielmehr verhindern sie ihrerseits die Orientierung. „Die permanent variierenden Innensichten in Kombination mit überraschenden Ausblicken auf scheinbar Bekanntes, verbunden mit dem Versuch, den zurückgelegten Weg für sich zu rekonstruieren, sind Teil einer Phänomenologie des Gehens, das den Kern der Ausstellung berührt.“, erklärt Julia Draganovic. „Es geht wie im wirklichen Leben, mal muss an sich bergauf abmühen, mal den Kopf einziehen, mal eine helfende Hand ausstrecken oder sich helfen lassen, mal gerät man in eine Sackgasse und wenn man ein Stück Weges hinter sich hat, sieht alles im Rückblick ganz anders aus.“.
Dem Besucher der Eröffnung wird angemessenes Schuhwerk empfohlen. Die Installation ist nicht barrierefrei zugänglich. Dennoch gibt es auch viel zu erkunden, wenn man, aus welchen Gründen auch immer, nicht in der Lage ist, die Installation zu betreten. Da die Installation nur von einer begrenzten Anzahl von Personen gleichzeitig betreten werden kann, bittet die Kunsthalle die Besucher, etwas mehr Zeit als gewöhnlich mitzubringen.
Die Ausstellung wird gefördert vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur und dem Landschaftsverband Osnabrücker Land. In Zusammenarbeit mit den Freunden der Kunsthalle Osnabrück e.V. Die Kunsthalle Osnabrück ist Kooperationspartner der artCard.
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So. 17.07.2016 - So. 30.10.2016
Eingetragen am: Montag, 01.08.2016