Einen „Lebendversuch“ zu unternehmen bedeutet, etwas unter den realen
Bedingungen des Lebens in Betracht zu ziehen. Dies gilt bei der
Burgert-Ausstellung der Kunsthalle Tübingen in doppelter Hinsicht. Zum einen
geht es in den Bildern des Berliner Malers um die großen Lebensfragen. Zum
anderen ist es der lebende Künstler selbst, der in Augenschein genommen
wird: Mitten in seinem rasanten Entwicklungsprozess widmet die Kunsthalle
Tübingen dem 41-jährigen Künstler seine erste große Einzelausstellung in
einem öffentlichen Ausstellungshaus. Insgesamt 48 Bilder von 29 Leihgebern
aus ganz Europa und Amerika aus den Jahren 2005 bis 2010 wurden dafür
zusammengetragen. Das größte Bild der Ausstellung misst vier auf sechs Meter
und wird eigens für die Tübinger Ausstellung aus den USA eingeflogen.

Eigentümliche Charaktere wie Krieger, Bettler, Schamanen oder Harlekins
bevölkern seine bühnenartigen Bildräume. Bisweilen haben sich Besucher in
Alltagskleidung eingeschlichen, die darum ringen, das Geschehen zu
begreifen. Bedeutungsgeladene Attribute wie Zielscheiben, Skelette,
Lorbeerkränze oder Musikinstrumente, aber auch disproportionale
Größenverhältnisse und Falschfarben rufen den Eindruck von mythischer Tiefe
und Transzendenz hervor. Die Fragen nach dem Sinn von Leben, Liebe, Leid und
Tod werden berührt, finden jedoch keine Antwort oder Beruhigung.

Seine mit großer handwerklicher Präzision geschaffenen Symbolwelten von
höchster Suggestionskraft machen Burgert zu einem der eigenständigsten und
spannendsten deutschen Maler der Gegenwart. Schon heute genießt er
internationale Beachtung. Seine Werke sind in bedeutenden Sammlungen, etwa
der Sammlung Falckenberg, der Sammlung Olbricht oder der Logan Collection
vertreten. Es kann als sicher gelten, dass ihm eine weit darüber
hinausweisende Zukunftsperspektive beschieden ist.